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Katalonien: Ein neuer Staat in Europa (Die Presse)

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Publicat al bloc del Col.lectiu Emma

(Wir möchten der Artikel “Katalonien: Ein neuer Staat in Europa”, in Die Presse, von Marcela Vélez-Plickert, empfehlen)

 
Katalonien: Ein neuer Staat in Europa 
 
Vor den vorgezogenen Regionalwahlen in Katalonien ist die Stimmung in Spanien aufgeheizt. Neben der tristen Wirtschaftslage hat das Land nun auch mit den Sezessionsbestrebungen des reichen Nordens zu kämpfen.
 
Überall diese Fahnen. Gelb-rot gestreifte katalanische Flaggen hängen aus vielen Fenstern und von den Balkonen Barcelonas. Ein zusätzliches blaues Feld mit weißem Stern auf dem Stoff signalisiert: Der Fahnenhänger will die staatliche Unabhängigkeit. „Katalonien – ein neuer Staat in Europa“ lautete das Motto einer Massendemonstration Mitte September, die den Eurokrisenstaat Spanien erschüttert hat. Zur landesweiten Rezession kommt nun auch noch die regionale Sezession. Die Stimmung vor den katalanischen Regionalwahlen am 25. November ist aufgeheizt.
 
Barcelona, die Hauptstadt Kataloniens und zweitgrößte Stadt Spaniens, war immer ein Zentrum von Innovation, Handel und Industrie. Jetzt ist es Epizentrum des wichtigsten politischen Konflikts, der Spanien seit der Rückkehr zur Demokratie erschüttert, abgesehen vom Eta-Terrorismus im Baskenland.
 
Seit Ausbruch der Krise 2008 hat Katalonien mit seinen 7,5 Millionen Einwohnern mehr als 610.000 Arbeitsplätze verloren. Die gegenwärtige Rezession hat den Separatismus stark befeuert. Eigentlich ist der nordöstliche Landesteil eine der wirtschaftlich stärksten Regionen im Königreich. Das Pro-Kopf-Einkommen liegt um fast ein Zehntel über dem Durchschnitt, 27 Prozent der Exporte kommen von hier. Die Arbeitslosenquote liegt mit 22,5 Prozent unter dem spanischen Durchschnitt. Aufgrund der ausgabenfreudigen sozialistischen Vorgängerregierung ist Katalonien aber hoch verschuldet. Jüngst musste es um einen Fünf-Milliarden-Euro-Kredit aus dem spanischen Hilfsfonds bitten – obwohl es selbst zu den größten Nettozahlern im Land gehört.
 
Hohe Transferzahlungen. Die Regionalregierung macht für die Misere nicht nur die Krise, sondern auch die Zentralregierung in Madrid verantwortlich. „Wir haben keine Instrumente, um die Krise zu bekämpfen, denn die wichtige Politik wird von Madrid gemacht“, klagt Andreu Mas-Collel, Wirtschaftsminister der Region. Vor allem stöhnt er über die hohen Transfers, die im spanischen Finanzausgleich zu leisten sind. Je nach Schätzung zahlt Katalonien zwölf bis 16 Mrd. Euro – das sind sechs bis acht Prozent der Wirtschaftsleistung – jährlich mehr an die Zentralregierung, als es zurückerhält. Ein so starker fiskalischer Aderlass sei weltweit ohne Beispiel, klagt Mas-Collel, ein früherer Harvard-Ökonomieprofessor.
 
Die Katalanen sehen sich als Zahlmeister – und zudem fühlen sie sich diskriminiert. „Madrid behandelt uns wie eine Kolonie“, sagt Wirtschaftsstaatssekretär Albert Carreras. Solche Klagen sind überall zu hören: von einfachen Bürgern, Ökonomen, Geschäftsleuten und Akademikern.
 
Am 11. September zogen bis zu eineinhalb Millionen Menschen auf die Straße. Barcelona war in ein gelb-rotes Fahnenmeer getaucht. Regionalpräsident Artur Mas hat daraufhin eine politische Wende vollzogen und sich an die Spitze der Bewegung gestellt. Zuvor forderte er von Madrid lediglich einen „Fiskalpakt“, der Kataloniens Zahlungen senken und ihm Steuerautonomie geben sollte, wie sie aus historischen Gründen das Baskenland genießt. Jetzt strebt Mas, der seit Herbst 2010 eine bürgerlich-nationalistische Regierung anführt, ein Unabhängigkeitsreferendum an. „Das ist jetzt nicht mehr zu stoppen“, sagt er – und verweist auf das Beispiel Schottlands, wo in zwei Jahren über einen eigenen Staat abgestimmt wird.
 
Während der Franco-Diktatur wurden die katalanische und andere regionale Kulturen unterdrückt. Die Katalanen durften ihre Sprache in Schulen weder sprechen noch lehren. Nach dem Ende der Militärdiktatur 1978 erhielten sie ein Autonomiestatut, das ihnen mehr Eigenständigkeit gewährte. In der Krise fühlen sich die Katalanen jedoch bedroht: Die Zentralregierung unter Mariano Rajoy wolle ihnen Rechte nehmen. Die Klage über eine „Re-Zentralisierung“ ist allgegenwärtig. Bei den vorzeitigen Neuwahlen kann Mas' Parteienkoalition Convergència i Unió auf Zugewinne hoffen.
 
Keine Angst vor eigenem Staat. Nach den jüngsten Umfragen ist eine knappe Mehrheit der Katalanen für die Unabhängigkeit. Selbst große Teile der Wirtschaft, die zusätzliche Unsicherheit in der Krise scheuen sollten, unterstützen den Kurs. In der Vereinigung der kleinen und mittleren Unternehmen sprechen sich 67 Prozent der Mitglieder für einen eigenen Staat aus. „Die Wirtschaftspolitik der Zentralregierung passt nicht zur katalanischen Realität“, kritisiert Carles Sumarroca, Vorsitzender eines Wirtschaftsverbands und Vizepräsident eines großen Baukonzerns. Ein eigener Staat sei „eine interessante Alternative“. Die Geschäftsleute fürchten sich nicht vor möglicher Rache aus Restspanien. Vor Jahren bereits gab es einen Boykott gegen katalanische Schaumweinhersteller – doch die Einbußen waren schnell aufgeholt.
 
Entscheidend sei, dass Katalonien in Europa bleibe – das betonen alle. Und auch Präsident Mas wird nicht müde, von der „europäische Identität“ seines Landes zu sprechen. Seine Regierung wird zwar nationalistisch genannt, doch man ist bereit, Kompetenzen an Brüssel abzugeben. „Wir wissen nicht, wie Brüssel uns behandeln wird, aber wird wissen, wie Madrid es tut und das ist nicht mehr erträglich“, sagt er. Der Unabhängigkeitsprozess wird schmerzhaft werden, sagt gibt Mas. „Scheidungen tun immer weh, aber die Alternative ist schlimmer.“
 
(“Die Presse”, Print-Ausgabe, 04.11.2012)
 
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